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und die Bestattungsbranche
Vielfalt der Bestattungskultur in der modernen Gesellschaft. Die feinen Unterschiede
Der gegenwärtige Wandel der Bestattungskultur ist nicht nur als "Werteverfall" zu verstehen, sondern er ist vielmehr ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Situation. Kennzeichen ist der "Markt der Möglichkeiten": Gab es bis vor wenigen Jahren noch verbindliche Normen und Rituale sowie enge gesetzliche Vorgaben, erscheint heute fast alles möglich. Ob Waldfriedhöfe, Bestattungskirchen oder Friedhöfe - alle hinterlassen höchst ungleiche Eindrücke. Gerade die kommunalen Einrichtungen befürchten, die stetig steigende Zahl von anonymen Bestattungen und Sozialbestattungen bewältigen zu müssen.
Wie sieht das konkrete Bestattungsverhalten in Deutschland aus, im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit? Meinungsforscher des Emnid-Instituts ermittelten 2011 in einer repräsentativen Umfrage, das 48 Prozent der Bevölkerung sich eine Einäscherung wünschen. Dies ist immerhin eine Steigerung um 9 Prozent gegenüber den Zahlen aus 2008. Umgekehrt ging das Interesse an einer Sargbestattung von 33 auf nur noch 28 Prozent zurück. Das restliche Viertel verteilt sich auf 9 Prozent für die anonymen Bestattungen sowie andere Formen der Naturbeisetzungen auf See oder im Wald.
Anonymität im Tod
Die Daten aus 2008 ergeben: Je niedriger die Schulbildung, desto stärker ausgeprägt ist die Neigung zur anonymen Beisetzung. Aber auch ein hohes Lebensalter begünstigt den Wunsch nach Anonymität im Tod. Dahinter steht sehr oft die Frage nach der Zumutbarkeit der Grabpflegekosten. Man will nicht nur niemandem zur Last fallen, sondern es fehlt häufig schlicht an einem persönlichen Umfeld, welches eine solche Pflege übernehmen könnte. Der Weltraum oder die Verewigung in einem Diamanten haben das Zeug, in den Medien auf großes Interesse zu stoßen. Im konkreten Bestatteralltag spielen sie aber keine Rolle. Allerdings nannte eine Mehrheit von immerhin 57 Prozent den Wunsch, möglichst außerhalb des ortsansässigen Friedhofs beigesetzt zu werden. Die wenigsten Friedhöfe scheien eine Attraktivität auszustrahlen, wo man sich auch nach dem Ableben aufgehoben wissen möchte.
Unterschiede zwischen den Konfessionen
Die Auswertung der rund 850.000 Todesfälle des vergangenen Jahres im Rahmen einer Pilotstudie verdeutlicht hingegen die konkrete Realität: Der Trend zu Urnen- sowie anonymen Beisetzungen wird deutlich stärker erkennbar, als dies den genannten Wünschen entsprach. Demnach wurden 60 Prozent der Verstorbenen urnenbestattet - mit einem deutlichen Unterschied zwischen den Konfessionen. Knapp 68 Prozent der Protestanten wurden eingeäschert, weniger als 52 Prozent waren es bei den Katholiken. Knapp 19 Prozent - auch hier deutliche mehr als es dem Wunsch entsprach - wurden anonym beigesetzt. Am stärksten ausgeprägt war diese Bestattungsform bei den 75- bis 85-Jährigen. Überraschend war allerdings, dass bei den anonymen Bestattungen Angehörige der "mittleren und gehobenen Berufsgruppen" die Mehrheit bildeten. Der Grund könnte in einer intellektuellen-liberalen Einstellung liegen, die Konventionen gegenüber kritisch distanziert ist. Sozialbestattungen kamen auf 3,4 Prozent. Hier ist die Altersgruppe der 65- bis 75-Jährigen am deutlichsten betroffen.
Unterschiede zwischen den Konfessionen gibt es auch im Hinblick auf die Durchführung einer religiösen Trauerfeier. Sie wird von Katholiken von 75 Prozent bevorzugt, bei den Protestanten lag der Wert bei nur 50 Prozent. Letztere scheinen auch mehr aufs Geld zu achten, denn die Katholiken gaben im Durchschnitt deutlich mehr für das Begräbnis aus. Die Hälfte der katholischen Begräbnisse hat mindestens 4.000 Euro gekostet. Nur ein knappes Viertel der protestantischen lag auf einem vergleichbaren Niveau. Das Kosten-Nutzen-Kalkül prägt zunehmend das Trauerverhalten, aber auch den damit verbundenen Service.
Die Zahlen sprechen für einen kontinuierlichen, aber moderaten Wandel. Zwar gibt es einen Trend zum pflegeleichten Grab. Daneben behaupten sich aber bislang Bestattungsarten, welche die Bedeutung des gepflegten Begräbnisortes bewahren. Die Verbreitung einer "Entsorgungsmentalität" zu Discountpreisen ist bislang nicht erkennbar. Die Entwicklung wird aber zukünftig stark davon geprägt werden, ob es den Friedhofsanbietern gelingt, individuellere Grabformen mit attraktiven Pflegemöglichkeiten zu entwickeln oder ob sie eher abwarten und den Werteverfall beklagen. (hh)
Quelle: Bestatter Deutschland